Der neue FMA-Leitfaden zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken
- Erika Leitgeb
- 1. Apr.
- 3 Min. Lesezeit

Am 31. März 2025 hat die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) ihren überarbeiteten Leitfaden zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken (01/2025) veröffentlicht. Dieser dient als Orientierungshilfe für alle von der FMA beaufsichtigten Finanzmarktteilnehmer, wie Kreditinstitute, Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften, um ein gemeinsames Verständnis und Know-how im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken zu entwickeln. Er unterstreicht die wachsende Bedeutung dieser Risiken und die Notwendigkeit robuster Vorkehrungen im Risikomanagement.
Wesentliche Inhalte des Leitfadens
Der FMA-Leitfaden zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken (Dokumentennummer: 01/2025) ist in sechs Kapitel sowie einen Annex gegliedert.
Definitionen
Der Leitfaden beleuchtet zunächst die grundlegenden Begrifflichkeiten im Kontext der Nachhaltigkeit. Dabei wird Nachhaltigkeit umfassend als Zusammenspiel von Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten (ESG) verstanden. Er definiert Nachhaltigkeitsfaktoren als Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmer:innenbelange, die Achtung der Menschenrechte sowie die Bekämpfung von Korruption und Bestechung.
Nachhaltigkeitsrisiken werden als mögliche Ereignisse oder Bedingungen in diesen Bereichen beschrieben, die wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert von Vermögenswerten oder die finanzielle Stabilität von Unternehmen haben könnten. Der Leitfaden differenziert zudem zwischen Klimarisiken (unterteilt in physische und Transitionsrisiken), naturbezogenen Risiken, sozialen- und Governance-Risiken sowie Rechts- und Reputationsrisiken, einschließlich des Risikos von Greenwashing (irreführende Darstellung von Nachhaltigkeitsbemühungen).
Erstamls wurden Biodiverstitätsrisiken als eigenständiges Thema aufgenommen. Diese Risiken betreffen insbesondere Branchen mit direktem Bezug zur Natur, wie Landwirtschaft oder Energie. Banken sollten diese Risiken in ihre Kreditvergabe und Investitionsentscheidungen einbeziehen.
Rechtsgrundlagen
Ein wesentlicher Teil des Leitfadens widmet sich den relevanten Rechtsgrundlagen auf EU- und nationaler Ebene. Hierzu gehören detaillierte Erläuterungen der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), der Taxonomie-Verordnung, der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und weiterer sektorspezifischer Anpassungen im Finanzaufsichtsrecht. Es wird hervorgehoben, dass Nachhaltigkeitsrisiken als Risikotreiber in den bestehenden Risikokategorien der Unternehmen zu berücksichtigen sind.
Risikomanagement
Der Leitfaden beschreibt detailliert, wie Nachhaltigkeitsrisiken in die Risikomanagementprozesse integriert werden sollen. Ein zentraler Schritt ist die Durchführung einer regelmäßigen Wesentlichkeitsanalyse, um die relevantesten Nachhaltigkeitsrisiken zu identifizieren. Die Bedeutung verlässlicher Daten zur Steuerung und Begrenzung dieser Risiken wird betont. Der Leitfaden erläutert Übertragungswege und den Umgang mit spezifischen Nachhaltigkeitsrisiken, wie Klima- und naturbezogenen Risiken, und veranschaulicht die Auswirkungen von Klimarisiken auf verschiedene Risikokategorien. Der Grundsatz der Proportionalität bei der Anwendung der Empfehlungen soll stets berücksichtigt werden.
Geschäftsstrategie und Governance
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Verankerung von Nachhaltigkeitsrisiken in der Geschäftsstrategie und der Governance der Unternehmen. Der Leitfaden beschreibt die Rollen und Verantwortlichkeiten der Geschäftsleitung, des Aufsichtsorgans, der Compliance-Funktion, des Managements von Interessenkonflikte und der Internen Revision. Er betont die Notwendigkeit von Wissensaufbau und Personalmanagement sowie einer Vergütungspolitik, die mit der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken im Einklang steht. Die Transitionsplanung, einschließlich der Erstellung von Plänen mit konkreten Zielen zur Erreichung der Klimaneutralität, wird ausführlich behandelt.
Transparenzplichten
Der Leitfaden thematisiert auch die Transparenzpflichten auf Unternehmensebene, insbesondere im Rahmen der SFDR und der CSRD. Er erläutert die Offenlegungspflichten für Finanzmarktteilnehmer und die erweiterten Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung, einschließlich der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) und des Konzepts der doppelten Wesentlichkeit. Die Bedeutung der Vermeidung von Greenwashing und des Anlegerschutzers wird hervorgehoben. Banken müssen sicherstellen, dass ihre Berichterstattung transparent ist und keine falschen oder übertriebenen Aussagen zu ESG-Aspekten enthält.
Beispiele
Im Annex werden beispielhafte Kennzahlen, Methoden und Tools zur Identifizierung, Messung, Bewertung und Steuerung von Nachhaltigkeitsrisiken vorgestellt, insbesondere für Klima- und natorbezogene Risiken. Dazu gehören Kennzahlen wie THG-Emissionen, der THG-Fußabdruck, Portfolioausrichtungsindikatoren sowie verschiedene Methoden wie Szenarioanalysen, Stresstests und normbasiertes Screening. Es wird betont, dass die Auswahl geeigneter Instrumente unter Berücksichtigung der Proportionalität durch die Unternehmen selbst zu erfolgen hat.
Ist der Leitfaden verpflichtend?
Es ist wichtig zu betonen, dass der FMA-Leitfaden selbst keine Verordnung darstellt und keine über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten begründet. Er dient als Know-how-Aufbereitung und zur Förderung eines gemeinsamen Verständnisses.
Allerdings verweist der Leitfaden auf zahlreiche Rechtsvorschriften, deren Einhaltung für beaufsichtigte Unternehmen verpflichtend ist. Die Anwendungszeitpunkte dieser Gesetze und Verordnungen (z.B. CRR III/CRD VI, CSRD etc.) sind unterschiedlich und müssen von den Instituten jeweils beachtet werden. Der Leitfaden in seiner aktuellen Fassung berücksichtigt bereits neue und kommende regulatorische Anforderungen wie die CSDDD und die ESG-Rating-VO.
Fazit
Der FMA-Leitfaden zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken ist ein wesentlicher Schritt hin zu einem vorausschauenden und resilienten Finanzsystem. Er bietet eine fundierte Grundlage, um ESG-Risiken strategisch zu bewerten, in die Steuerungsprozesse zu integrieren und zukunftsgerichtete Entscheidungen zu treffen. Wer Nachhaltigkeit konsequent in sein Risikomanagement und seine Unternehmensführung einbettet, schafft nicht nur regulatorische Sicherheit, sondern positioniert sich als glaubwürdiger und verantwortungsvoller Akteur in einem sich wandelnden Marktumfeld.
Link zum Dokument | |
Art des Dokuments | Leitfaden |
Veröffentlichung | 31. März 2025 |
Status | Final |
Anzuwenden ab | 31. März 2025 |



