EZB-Rat schlägt Vereinfachung des EU-Bankenregulierungsrahmens vor
- Erika Leitgeb
- vor 16 Stunden
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Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am 11. Dezember 2025 die Empfehlung der hochrangigen Task Force zur Vereinfachung des europäischen Regulierungs-, Aufsichts- und Meldewesens veröffentlicht. Der EZB-Rat hat diese Empfehlungen gebilligt und wird sie nun der Europäischen Kommission vorlegen.

Kernziele der Vereinfachungsinitiative
Die vorgeschlagenen Maßnahmen zielen darauf ab, den regulatorischen Rahmen zu vereinfachen und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit des europäischen Bankensystems aufrechtzuerhalten. Die Initiative verfolgt mehrere übergeordnete Ziele: die Aufsichtsbehörden sollen ihre Aufgaben weiterhin effektiv erfüllen können, die europäische Harmonisierung und Finanzintegration soll gefördert werden, und die internationale Zusammenarbeit bleibt zentral - insbesondere durch die vollständige, zeitnahe und originalgetreue Umsetzung von Basel III in allen Rechtsordnungen.
Der EZB-Rat betont nachdrücklich die Notwendigkeit, die Bankenunion und die Spar- und Investitionsunion zu vollenden, um die nationale Fragmentierung zu reduzieren und effizientere Kapitalmärkte zu ermöglichen.
Vereinfachung der Kapitalanforderungen
Eine zentrale Empfehlung betrifft die Vereinfachung der sogenannten "Capital Stacks" - der verschiedenen Schichten von Kapitalanforderungen und -puffern. Der EZB-Rat schlägt zwei wesentliche Änderungen vor:
Reduzierung der Kapitalpuffer: Die bestehenden Kapitalpufferschichten sollen auf nur zwei zusammengeführt werden - einen nicht freisetzbaren Puffer und einen freisetzbaren Puffer, den die Behörden in wirtschaftlich schwierigen Zeiten senken können. Bei dieser Zusammenlegung ist es wichtig, die aktuellen Befugnisse und Zuständigkeiten der Behörden zu wahren
Vereinfachung der Leverage Ratio: Der Leverage-Ratio-Rahmen soll von vier auf zwei Elemente reduziert werden: eine Mindestanforderung von 3% und einen einzigen Puffer, der für kleinere Banken auf null gesetzt werden könnte.
Zur Verbesserung der Kapitalqualität empfiehlt der EZB-Rat, die Fähigkeit des zusätzlichen Kernkapitals (Additional Tier 1) zur Verlustabsorption im laufenden Geschäftsbetrieb zu erhöhen, wobei dies Basel-konform bleiben und die Widerstansfähigkeit aufrechterhalten würde.
Erweitertes Proportionalitätsprinzip für kleinere Banken
Ein wichtiger Aspekt der Empfehlungen ist die deutliche Ausweitung des Proportionalitätsprinzips. Der EZB-Rat schlägt vor, das bestehende Regime für kleine und nicht komplexe Institute erheblich zu erweitern, sodass mehr Banken in den Anwendungsbereich fallen und die für sie geltenden Vorschriften auf umsichtige und harmonisierte Weise vereinfacht werden. Dies bedeutet, dass künftig auch größere Institute von Vereinfachungen profitieren könnten, die bisher nur den kleinsten Banken vorbehalten waren. Für bereits erfasste kleine Institute würden die anwendbaren Vorschriften zusätzlich vereinfacht.
Makroprudenzielle und aufsichtsrechtliche Vereinfachungen
Für den makroprudenziellen Rahmen empfiehlt der EZB-Rat eine automatische Reziprozität makroprudenzieller Maßnahmen. Dies würde sicherstellen, dass alle in einem Land tätigen Banken den dort angewandten makroprudenziellen Maßnahmen unterliegen.
Im Bereich der Bankenaufsicht werden mehrere Vereinfachungen vorgeschlagen:
Vervollständigung des einheitlichen Regelwerks (Single Rulebook)
Harmonisierung der Vorschriften für Zulassungen, Governance und Geschäfte mit nahestehenden Personen
Mehr Flexibilität für Aufsichtsbehörden, beispielsweise bei der Häufigkeit der Überprüfung interner Modelle der Banken
Vereinfachung der EU-weiten Stresstests durch Straffung der Methodik und des Umfangs
Harmonisierung und integriertes Meldewesen
Der EZB-Rat empfiehlt, EU-Bankenvorschriften stärker von Richtlinien auf direkt anwendbare Verordnungen zu verlagern, um eine weitere Harmonisierung zu erreichen.
Im Bereich des Meldewesens wird eine wesentliche Vereinfachung vorgeschlagen: Europäische Behörden sollen ihre Daten untereinander umfassender austauschen, sodass Banken nur einmal melden müssen. Dies würde ein vollständig integriertes Meldesystem auf europäischer Ebene für statistische, aufsichtsrechtliche und Abwicklungszwecke schaffen - idealerweise über den Joint Bank Reporting Comittee.
Weitere Verbesserungsvorschläge umfassen:
Regelmäßige Überprüfung aller Meldeanforderungen alle drei bis fünf Jahre
Einführung einer Wesentlichkeitsschwelle für Anfragen zur Datenkorrektur
Konsolidierung von Aufsichts- und Offenlegungsdaten, wobei die aufsichtsrechtliche Offenlegung (Säule-3-Berichte) aus der aufsichtsrechtlichen Meldung abgeleitet würde
Neue Governance-Struktur für Kapitalüberwachung
Der EZB-Rat schlägt vor, ihm die Verantwortung zu übertragen, einen ganzheitlichen Blick auf das Gesamtkapital in der Bankenunion und länderübergreifende Heterogenitäten zu werfen - eine Funktion, die derzeit fehlt. Dies könnte durch eine Erweiterung der Rolle des Makroprudenziellen Forums geschehen, das bereits den EZB-Rat und das Aufsichtsgremium (Supervisory Board) der EZB-Bankenaufsicht zusammenführt, um die Koordination und Konsistenz bei der Festlegung mikro- und makroprudenzieller Instrumente länderübergreifend zu verbessern.
Rahmen für Bankenabwicklung
Für den Abwicklungsrahmen empfiehlt der EZB-Rat eine engere Angleichung der Abwicklungsanforderungen, die für alle Banken gelten, an diejenigen für global systemrelevante Banken. Dies sollte erfolgen, ohne die Bilanzkomponenten zu reduzieren, die zur Verlustabsorption und Rekapitalisierung im Falle eines Scheiterns verwendet werden können, wodurch die EU im Einklang mit internationalen Standards bleibt und die Vorschriften transparenter und vorhersehbarer werden.
Zeitplan und nächste Schritte
Die EZB wird die Vorschläge des Berichts der Europäischen Kommission vorlegen, die einen Bericht über die Gesamtsituation des Bankensystems vorbereitet, der 2026 vorgelegt werden soll.
Parallel dazu hat die EZB auch einen Bericht mit dem Titel "Streamlining supervision, safeguarding resilience" veröffentlicht, der die laufenden Initiativen zur Steigerung der Effektivität, Effizienz und Risikoausrichtung der europäischen Bankenaufsicht erörtert. Diese Initiativen ergänzen die Empfehlungen des EZB-Rats und können vollständig unabhängig davon umgesetzt werden.
💡 Hinweis:
Für kleine und nicht komplexe Institute bieten diese Vorschläge erhebliches Vereinfachungspotenzial. Die vorgeschlagene Erweiterung des Proportionalitätsprinzips und die Reduzierung der Kapitalschichten könnten den administrativen Aufwand deutlich verringern. Institute sollten die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und sich bereits jetzt auf mögliche Anpassungen vorbereiten. Die Harmonisierung des Meldewesens verspricht langfristig eine erhebliche Entlastung, wobei die konkrete Umsetzung noch abzuwarten bleibt.
Quelle / Eckdaten
👉 Link zum Dokument | |
📅 Veröffentlichung | 11. Dezember 2025 |
Art des Dokuments | Pressemitteilung |
Herausgeber | Europäische Zentralbank (EZB) |
⚖️ Rechtsgrundlage | Empfehlungen der High-Level Task Force on Simplification des EZB-Rats |
Adressaten | Europäische Kommission, nationale Aufsichtsbehörden, Kreditinstitute |
✅ Status | Orientierungshilfe (ergänzend zu den Auslegungs- und Anwendungshinweisen zum GwG) |
📅 Datum Erstanwendung | Abhängig von künftiger Gesetzgebung (Kommissionsbericht für 2026 angekündigt) |



