OeNB: Banken weiterhin robust, aber Risiken steigen - zaghafte Erholung der Wirtschaft
- Erika Leitgeb
- 12. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Mit dem aktuellen Financial Stability Report und der neuen Wirtschaftsprognose liefert die OeNB eine Bestandsaufnahme zur Stabilität des Bankensektors und zur gesamtwirtschaftlichen Lage. Die Banken zeigen sich trotz Konjunkturschwäche robust - die Risiken im Immobilienbereich bleiben jedoch hoch.

Stabilität des Bankensektors trotz Konjunkturabschwung
Trotz eines wirtschaftlich angespannten Umfelds bleibt der österreichische Bankensektor laut dem am 10. Juni 2025 veröffentlichten 49. Financial Stability Report der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) gut aufgestellt. Die Banken erzielten im Jahr 2024 mit 11,5 Mrd. EUR den zweithöchsten Gewinn ihrer Geschichte. Dieser wurde zu einem Großteil zur Stärkung der Kapitalbasis verwendet - ein Schritt, der sich nun als vorausschauend erweist: Die CET1-Quote lag zum Jahresende bei 17,5% und damit weiterhin über dem EU-Durchschnitt.
Dieser Kapitalstärke wirkt im aktuellen Umfeld als wichtiger Risikopuffer. Denn die Konjunktur bleibt schwach und geopolitische Unsicherheiten - etwa durch US-Handelspolitik, den Ukrainekrieg und Spannungen im Nahen Osten - verstärken den Druck auf die reale Wirtschaft und damit auch auf die Kreditnehmer.
Kreditqualität unter Druck - Fokus auf gewerbliche Immobilienfinanzierung
Besonders deutlich zeigt sich der Stress im Kreditportfolio der Banken. Die Non Performing Loan-Quote (NPL-Quote) stieg im Jahr 2024 auf 3,0% - ein Anstieg, der vor allem auf notleidende Kredite in den Branchen Bau, Industrie, Handel und Immobilien zurückzuführen ist. Besonders betroffen sind kleinere Banken mit starkem Österreich-Fokus.
Ein zentrales Risikofeld bleibt laut OeNB die gewerbliche Immobilienfinanzierung (Commercial Real Estate - CRE). Hier haben sich die Risiken in den letzten Monaten weiter verschärft. Österreich zählt im europäischen Vergleich zu den Ländern mit dem höchsten Anstieg an notleidenden CRE-Krediten. Die OeNB reagiert darauf mit einer konkreten Maßnahme: Ab Juli 2025 wird ein sektoraler Systemrisikopuffer in Höhe von 1% eingeführt, der gezielt auf Institute mit überdurchschnittlicher CRE-Exponierung abzielt.
Wohnbaukredite stabil
Im Gegensatz dazu blieb die Wohnbaufinanzierung im Jahr 2024 stabil. Die Kreditstandards haben sich weiter verbessert - gestützt durch die Vorgaben der Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V). Ende 2024 waren knapp 90% der vergebenen Wohnbaukredite nachhaltig im Sinne der KIM-Kriterien. Auch das Neugeschäft zog im zweiten Halbjahr 2024 wieder spürbar an - begünstigt durch sinkende Zinsen und steigende Haushaltseinkommen.
Die KIM-V soll - wie ursprünglich vorgesehen - mit Ende Juni 2025 auslaufen. Dennoch bleibt der Bereich unter aufsichtlicher Beobachtung, zumal die gesamtwirtschaftlichen Unsicherheiten auch hier zu Rückschlägen führen könnten.
Wirtschaftliche Prognose: Talsohle erreicht, Aufschwung bleibt schwach
Bereits am 6. Juni 2025 hatte die OeNB ihre Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs bis 2027 veröffentlicht. Die zentralen Aussagen: Österreich hat Anfang 2025 die Talsohle der Rezession durchschritten, aber der Aufschwung verläuft schwach und fragil. Für das laufende Jahr wird ein BIP-Wachstum von lediglich 0,2% erwartet. In den Jahren 2026 und 2027 könnte sich das Wachstum moderat auf 0,9% bzw. 1,1% steigern - vorausgesetzt, es kommt nicht zu weiteren globalen Handelsverwerfungen.
Belastend wirken sich insbesondere die US-Zölle und die damit verbundenen Unsicherheiten im Außenhandel aus. Sollte es zu weiteren Eskalationen kommen, könnte das BIP-Wachstum laut OeNB um bis zu 1 Prozentpunkt niedriger ausfallen.
Inflation bleibt hoch, Budgetdefizit über Maastricht-Grenze
Auch die Inflation bleibt 2025 mit 3,0% auf hohem Niveau, was unter anderem auf auslaufende staatliche Energiepreisbremsen und anhaltend hohe Dienstleistungspreise zurückzuführen ist. Erst im Jahr 2026 wird ein Rückgang auf 1,8% prognostiziert. Gleichzeitig bleibt auch die Budgetlage angespannt: Trotz Konsolidierungsmaßnahmen - wie der Abschaffung des Klimabonus, Gebührenerhöhungen und Subventionskürzungen - liegt das Defizit 2025 bei -4,2% des BIP. Damit bleibt Österreich auch 2026 (-3,8%) über der Maastricht-Grenze von 3%.
Empfehlungen der OeNB an Banken
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen formuliert die OeNB klare Empfehlungen an den Bankensektor:
Stärkung der Kapitalbasis, gegebenenfalls auch durch Zurückhaltung bei Gewinnausschüttungen
Vorsichtige Kreditvergabe, insbesondere bei Gewerbeimmobilien
Höhere Wertberichtigungen für unbesicherte Positionen und konservative Sicherheitenbewertung
Investitionen in Digitalisierung und Cybersicherheit
Sicherung nachhaltiger Profitabilität durch konsequente Kostendisziplin
Fazit
Der österreichische Bankensektor präsentiert sich aktuell robust und stabil, doch die Risiken nehmen zu - sowohl auf der Ebene einzelner Kreissegmente als auch im gesamtwirtschaftlichen Kontext. Die OeNB sieht Handlungsbedarf insbesondere in der aufsichtlichen Überwachung von CRE-Risiken, der Stärkung der Kapitalausstattung und in der strategischen Ausrichtung auf ein unsicheres geopolitisches Umfeld.
Gleichzeitig unterstreicht die Konjunkturprognose. Auch wenn Österreich die Rezession hinter sich lässt, bleibt der Weg zu stabiler wirtschaftlicher Erholung lang - und von Risiken begleitet.
Quelle & Eckdaten
👉 Link zu den Dokumenten | |
Art des Dokuments | Bericht |
📅 Veröffentlichung | 6. Juni 2025 (Prognose), 10. Juni 2025 (FSR) |
Herausgeber | Oesterreichische Nationalbank (OeNB) |



