SREP und Stress Tests: EBA konsultiert umfassende Änderungen an den Leitlinien
- Erika Leitgeb
- vor 35 Minuten
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Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat am 24. Oktober 2025 eine Konsultations zu erheblichen Änderungen ihrer Leitlinien zum aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) und zu aufsichtlichen Stresstests veröffentlicht. Die überarbeiteten Leitlinien zielen darauf ab, den aufsichtlichen Rahmen der EU zu vereinfachen und gleichzeitig eine wirksame, risikobasierte Aufsicht zu unterstützen.

Hintergrund und Zielsetzung der Überarbeitung
Die EBA ist gemäß Artikel 107(3) der Richtlinie 2013/36/EU (CRD) beauftragt, Leitlinien zur Förderung gemeinsamer Verfahren und Methoden für den SREP zu entwickeln. Seit der Veröffentlichung der urspränglichen SREP-Leitlinien im Jahr 2026 hat sich der Regulierungsrahmen erheblich weiterentwickelt. Das Bankenpaket mit Richtlinie 2024/1619 und Verordnung 2024/1623, zusammen mit anderen Rechtsvorschriften wie dem Digital Operational Resilience Act (DORA) und dem IRRBB/CSRBB-Paket, haben die Aufsichtslandschaft grundlegend verändert.
Die Überarbeitung berücksichtigt auch die Erkenntnisse aus fast zehn Jahren SREP-Umsetzung sowie aus vergangenen Finanzmarktturbulenzen und identifiziert Bereiche, in denen der SREP-Rahmen weiter gestrafft werden kann. Die überarbeiteten Leitlinien konsolidieren alle relevanten SREP-Bestimmungen in einem einzigen, umfassenden Rahmenwerk und behalten dabei die Kernelemente bei, während neue Aspekte wie ESG-Faktoren, operative Resilienz und Drittlandsniederlassungen integriert werden.
Hauptänderungen im Überblick
Vereinfachung und Konsolidierung
Die neuen Leitlinien führen die bisherigen SREP-Leitlinien und die separaten IKT-Risikobewertungsleitlinien (EBA/GL/2017/05) zusammen. Mit Inkrafttreten der neuen Leitlinien werden die bisherigen IKT-SREP-Leitlinien aufgehoben, da die IKT-Risikobewertung nun in die überarbeiteten Leitlinien integriert wurde, um Konsistenz zu gewährleisten und Vereinfachungen zu fördern.
Die überarbeiteten Leitlinien enthalten folgende Hauptelemente:
Anpassung aller wichtigen SREP-Elemente: Die Leitlinien verdeutlichen den kontinuierlichen Charakter des SREP zur Verbesserung der Straffung des Aufsichtsprozesses
Stärkung der Verhältnismäßigkeit: Berücksichtigung der Peer Review zur Anwendung der Verhältnismäßigkeit im SREP und relevanter Empfehlungen des EBA-Beratungsausschusses zur Verhältnismäßigkeit
Neue CRD VI-Mandate: Integration der Anforderungen zu Output Floor und Drittlandniederlassungen
Angleichung an IRRBB/CSRBB-Paket: Einbeziehung von Zinsrisiken und Kreditspreadrisiken aus Nicht-Handelsbuchaktivitäten
ESG-Faktoren und operative Resilienz: Integration in den bestehenden SREP-Rahmen
Verstärkung der aufsichtlichen Wirksamkeit
Ein wesentlicher Schwerpunkt der Überarbeitung liegt auf der Stärkung der aufsichtlichen Wirksamkeit. Die Leitlinien führen ein hochrangiges und flexibles Eskalationsrahmenwerk für Aufsichtsmaßnahmen ein, das folgende Stufen umfasst:
Verstärkter aufsichtlicher Dialog mit dem Institut (z.B. Treffen mit dem Leitungsorgan oder Anforderung einer Selbstbewertung)
Kommunikation erwarteter Korrekturmaßnahmen (nicht bindende Maßnahmen wie aufsichtliche Erwartungen oder Empfehlungen)
Anforderung spezifischer Korrekturmaßnahmen (bindende Maßnahmen wie qualitative Maßnahmen oder Erhöhung der Säule-2-Anforderungen)
Durchsetzung von Aufsichtsmaßnahmen zur Behebung der festgestellten Mängel (z.B. Verwaltungsstrafen, Abhilfemaßnahmen oder Geldbußen)
Dieses Rahmenwerk ist nicht als streng sequenziell zu verstehen - zuständige Behörden können Maßnahmen je nach den spezifischen Umständen eskalieren oder deeskalieren.
Proportionalität und Aufsichtsengagement
Die überarbeiteten Leitlinien bieten eine verbesserte Felxibilität bei der Festlegung des angemessenen Aufsichtsengagements unter Beibehaltung der bestehenden vier Kategorien von Instituten. Die vier Kategorien (definiert nach Größe, systemischer Bedeutung, Art, Umfang und Komplexität der Aktivitäten) bleiben erhalten:
Kategorie 1: Alle als "große Institute" gemäß Artikel 4(1), Punkt 146 der CRR definierten Institute
Kategorie 2: Mittelgroße bis große Institute, die in mehreren Geschäftsbereichen tätig sind
Kategorie 3: Kleine bis mittelgroße Institute mit begrenzten Geschäftsbereichen
Kategorie 4: Alle als "kleine und nicht komplexe Institute" definierten Institute
Die Leitlinien ermöglichen es den zuständigen Behörden, die Häufigkeit der Bewertungen flexibel anzupassen. Für kleine und nicht komplexe Institute der Kategorie 4 kann die Mindesthäufigkeit für die Bewertung aller SREP-Elemente von drei auf fünf Jahre ausgeweitet werden, sofern sie ein stabiles, risikoarmes Profil, stabile Finanzkennzahlen und gesunde Margen aufweisen und die vierteljährliche Überwachung keine wesentlichen Bedenken aufwirft.
Integration neuer Risikodimensionen
ESG-Risiken
Im Einklang mit der zunehmenden Bedeutung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken (ESG) im Finanzsektor - und insbesondere mit der Anforderung gemäß Artikel 98(9) der CRD, im SREP eine Bewertung der Governance- und Risikomanagementsysteme der Institute zur Bewältigung von ESG-Risiken sowie ihrer Exposition gegenüber solchen Risiken aufzunehmen - spezifizieren die Leitlinien, wie zuständige Behörden ESG-Risiken im SREP berücksichtigen sollten.
Da ESG-Risiken sich durch traditionelle Kategorien finanzieller Risiken materialisieren und als Teil der Kerngeschäftsstrategie, Governance-Regelungen und des Risikomanagementsystems der Institute verwaltet werden sollten, werden sie über die bestehenden SREP-Elemente hinweg integriert, anstatt als separate oder eigenständige Risikokategorie in einem separaten Modul behandelt zu werden.
Operative Resilienz
Das Konzept der operativen Resilienz hat aufgrund der Zunahme von Cyber-Bedrohungen, Störungen der Lieferkette und Interdependenzen im Finanzsystem, die Institute systemischen Risiken aussetzen können, auf EU- und internationaler Ebene an Bedeutung gewonnen. Die Betonung der Resilienz zur Gewährleistung der Kontinuität kritischer oder wichtiger Funktionen und parallel zur Aufrechterhaltung der Finanzstabilität spiegelt sich im DORA-Rahmen sowie in den neuesten BCBS-Prinzipien zur operativen Resilienz und zum soliden Management operationeller Risiken wider.
Konsequent mit der Behandlung anderer übergreifender Elemente wie ESG-Risiken wird operative Resilienz in den SREP-Rahmen integriert, anstatt als eigenständiges Modul entwicklet zu werden. Die überarbeiteten Leitlinien stellen klar, dass die Bewertung des operativen Resilienzniveaus der Institute auf den bestehenden SREP-Bewertungen des operationellen Risikos und anderer verwandter Bereiche aufbauen sollte, einschließlich Governance, Geschäftskontinuitätsplanung und -prüfung, Kartierung von Verknüpfungen und Interdependenzen, Management von Drittanbieterabhängigkeiten, Incident-Management und IKT (einschließlich Cybersicherheit).
SREP für Drittniederlassungen
Angesichts der bedeutenden und zunehmenden Präsenz von Drittlandniederlassungen in der EU etabliert die CRD VI einen aufsichtlichen Rahmen, der gemeinsame Anforderungen für Drittlandniederlassungen festlegt und die wirksame und umfassende Beaufsichtigung der Aktivitäten von Drittlandgruppen in der EU erleichtert.
Die SREP-Leitlinien für Drittlandniederlassungen sind als separater Titel (Titel 12) in die SREP-Leitlinien integriert, was Querverweise auf andere relevante Teile der Leitlinien ermöglicht und gleichzeitig sicherstellt, dass die Bewertung ausreichend auf die spezifische Natur von Drittlandniederlassungen zugeschnitten und verhältnismäßig ist.
Der SREP sollte mit einer Häufigkeit und Intensität durchgeführt werden, die der Klassifizierung von Drittlandniederlassungen als Klasse 1 oder Klasse 2 gemäß Artikel 48(a) der CRD VI entspricht und die Art, den Umfang und die komplexität der Aktivitäten widerspiegelt.
Kapitaladäquanz und Output Floor
Angesichts der Überarbeitung der Level-1-Bestimmungen im Rahmen des Bankenpakets zum Säule-1-Rahmen zur Umsetzung der überarbeiteten Basel-Standards wurden die Leitlinien aktualisiert, um die Interaktion zwischen Säule-1-Eigenmittelanforderungen (P1R) und Säule-2-Anforderungen (P2R) sowie die Einführung des Output Floors zu berücksichtigen.
Die Leitlinien sehen vor, dass - als Operationalisierung der CRD-Anforderung gemäß Artikel 104a(1) - wenn eine relevanten Änderung des Regulierungsrahmens zur Bestimmung von P1R wesentliche Auswirkungen auf das Kapitalprofil eines Instituts hat oder haben wird, die zuständigen Behörden diese Auswirkungen im Hinblick auf das Zusammenspiel mit den relevanten P2R bewerten sollten. Ziel dieser Bewertung ist es sicherzustellen, dass die Komplementarität der P1R- und P2R-Komponenten erhalten bleibt.
Basierend auf dem Ergebnis kann diese Bewertung zu einer Neubestimmung der Menge oder Zusammensetzung der P2R führen, entweder innerhalb des jährlichen SREP-Zyklus oder mit einer angepassten Häufigkeit.
Verbindung zu anderen aufsichtlichen Prozessen
Die überarbeiteten Leitlinien betonen weiter die Bedeutung für zuständige Behörden, den SREP als den Prozess zu betrachten, der alle Ergebnisse ihrer Aktivitäten während des Aufsichtszyklus integriert. Dies zielt darauf ab, den Aufsichtsprozess zu straffen, die Neuzuordnung von Ressourcen auf die relevantesten Risikobereiche zu ermöglichen und sicherzustellen, dass den Instituten bei den verschiedenen Aufsichtsaufgaben konsistentes Feedback gegeben wird.
Insbesondere angesichts der erheblichen Anstrengungen, die in den letzten Jahren im Bereich der Sanierungsplanung von Instituten und zuständigen Behörden unternommen wurden, und der erzielten Fortschritte wurde die Verknüpfung zwischen den Ergebnissen der Sanierungsplanung und dem SREP-Rahmen weiter verstärkt.
Die überarbeiteten Leitlinien haben die Gesamtsanierungsfähigkeit (Overall Recovery Capacity - ORC) als eines von mehreren informativen Elementen aufgenommen, die von zuständigen Behörden bei der Vergabe von SREP-Scores für Kapital- und Liquiditätsadäquanz gemäß Titel 7 und Titel 8 zu berücksichtigen sind. Die Einbeziehung soll eine zusätzliche zukunftsgerichtete Perspektive in die aufsichtliche Bewertung der Kapital- und Liquiditätsprofile der Institute bieten, insbesondere im Hinblick auf ihre Widerstandsfähigkeit und potenzielle Wiederherstellbarkeit durch die Umsetzung von Sanierungsoptionen unter Stressbedingungen.
Aufsichtliche Stresstests
Die Leitlinien identifizieren auch die relevanten Bausteine für ein wirksames aufsichtliches Stresstestprogramm. Sie konzentrieren sich auf verschiedene Formen aufsichtlicher Stresstests und deren Zielsetzungen, die jeweilige Verwendung für SREP-Zwecke, Aspekte im Zusammenhang mit Organisation, Ressourcen und Kommunikation sowie mögliche Methoden.
Insbesondere ergänzt der Abschnitt über aufsichtliche Stresstest die Bewertung der Kapitaladäquanz durch weitere Klärung und Operationalisierung von Verfahren zur Festlegung von Säule-2-Leitlinien (P2G) und P2G-LR (für das Risiko übermäßiger Verschuldung).
💡 Praktische Hinweise:
Die überarbeiteten Leitlinien bieten durch das erweiterte Proportionalitätsprinzip mehr Flexibilität. Institute der Kategorie 4 mit stabilem, risikoarmen Profil können von einer reduzierten Bewertungsfrequenz profitieren. Gleichzeitig sollten Sie aber sicherstellen, dass Ihr Haus die Anforderungen an Governance, Risikomanagement und operative Resilienz erfüllt, insbesondere im Hinblick auf DORA und die Integration von ESG-Risiken in Ihre Geschäftsmodellanalyse. Die verstärkte Betonung der aufsichtlichen Wirksamkeit bedeutet auch, dass die rechtzeitige und effektive Behebung identifizierter Mängel noch wichtiger wird - dokumentieren Sie daher Ihre Remedation-Maßnahmen sorgfältig.
Quelle / Eckdaten
👉 Link zum Dokument | |
📅 Veröffentlichung | 24. Oktober 2025 |
Herausgeber | Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) |
⚖️ Rechtsgrundlage | Artikel 107(3) und Artikel 100(2) der Richtlinie 2013/36/EU (CRD) |
Adressaten | Zuständige Behörden gemäß Artikel 4(2), Punkte (i) und (viii) der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 |
✅ Status | Konsultation (öffentliche Konsultation bis 26. Januar 2026) |
📅 Berichtszeitraum | 1. Januar 2027 (geplant) |



