EZB kündigt inversen Stresstest zu geopolitischen Risiken für 2026 an
- Erika Leitgeb
- vor 17 Stunden
- 3 Min. Lesezeit
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am 12. Dezember 2025 bekannt gegeben, dass sie im Jahr 2026 einen inversen Stresstest zum geopolitischen Risiko durchführen wird, der 110 direkt beaufsichtigte Banken umfasst.

Was ist ein inverser Stresstest?
Bei einem inversen Stresstest wird im Gegensatz zu klassischen Stresstests ein bestimmtes Ergebnis vorab festgelegt. Jede Bank muss dann das Szenario definieren, unter dem dieses Ergebnis eintreten würde. Diese Übung ergänzt den regulären EBA-Stresstest 2025, der mit einem gemeinsamen Szenario für alle Banken arbeitet und unterschiedliche Auswirkungen auf die Kapitalausstattung untersucht.
Der thematische Stresstest 2026 fordert die Banken auf, zu bewerten, wie geopolitische Risiken ihr Geschäftsmodell beeinflussen könnten. Geopolitische Risiken sind ein bereichsübergreifender Risikofaktor, der traditionelle Risikokategorien betrifft:
Kreditrisiko
Marktrisiko
Liquiditätsrisiko
Geschäftsmodellrisiko
Governance- und operationelle Risiken
Übertragungskanäle und Auswirkungen
Geopolitische Risiken können Banken über verschiedene Kanäle beeinflussen, darunter Finanzmärkte, Realwirtschaft und die Sicherheit der Bankgeschäfte. Als wesentlicher Faktor makroökonomischer Unsicherheit bleibt das geopolitische Risiko ein zentraler Schwerpunkt der EZB-Aufsichtsprioritäten für den Zeitraum 2026-2028.
Der Stresstest verfolgt mehrere Ziele. Er soll Einblicke in Szenarien im Zusammenhang mit geopolitischen Risiken liefern, die erhebliche Auswirkungen auf Banken haben könnten. Die Banken müssen relevante geopolitische Ereignisse identifizieren und deren Auswirkungen quantifizieren. Zudem werden die Institute aufgefordert zu beschreiben, wie sie bei Bedarf zur Reduzierung dieser Auswirkungen vorgehen würden, um robuste Governance-Rahmen und operative Widerstandsfähigkeit zu gewährleisten.
Konkrete Anforderungen an die Banken
Jede Bank muss die für sie relevantesten geopolitischen Risikoereignisse identifizieren, die zu einer Reduzierung ihres harten Kernkapitals (CET1) um mindestens 300 Basispunkte führen könnten. Neben der Berichterstattung über die Auswirkungen des geopolitischen Risikoszenarios auf ihre Solvabilitätsposition werden die Banken auch aufgefordert, Informationen darüber zu geben, wie sich dies auf ihre Liquidität und Refinanzierungsbedingungen auswirken könnte.
Die Übung wird außerdem bewerten:
Inwieweit die Stresstestfähigkeiten der Banken geopolitische Risiken berücksichtigen
Die Fähigkeit zur Entwicklung angemessener und umsichtiger Kapital- und Sanierungspläne
Die Integration in das Risikomanagement, insbesondere bei inversen Stresstests
Integration in bestehende Prozesse
Um die Übung kosteneffizient zu gestalten, wird der inverse Stresstest zum geopolitischen Risiko im Rahmen des bankinternen Prozesses zur Beurteilung der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung (ICAAP) für 2026 durchgeführt. Die Banken können daher hauptsächlich die bestehenden aufsichtlichen Datenerhebungsmodelle verwenden.
In Übereinstimmung mit früheren thematischen Stresstests der EZB gemäß Artikel 100 der Eigenkapitalrichtlinie (CRD) sind keine direkten Auswirkungen auf die Säule-2-Leitlinien (P2G) vorgesehen. Die Ergebnisse werden jedoch zur Information und qualitativen Ergänzung des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) im Rahmen des umfassenderen ICAAP 2026 genutzt.
Auswirkungen auf die Aufsicht
Schwachstellen, die durch diesen Stresstest aufgedeckt werden, fließen in die SREP-Bewertung ein. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Fähigkeit der Banken, geopolitische Risiken in ihre Risikomaterialitätsbewertungen, in ihren Stresstest-Rahmen und ihre Stresstestfähigkeiten sowie in ihre Fähigkeiten zur Risikodatenaggregation und zum Berichtswesen zu integrieren.
💡 Hinweis für kleine und nicht komplexe Institute:
Auch wenn dieser Stresstest primär auf die 110 direkt beaufsichtigten Banken abzielt, sollten kleinere Institute die Methodik aufmerksam verfolgen. Die zugrunde liegenden Konzepte zur Integration geopolitischer Risiken in das Risikomanagement werden zunehmend auch für LSIs relevant. Es empfiehlt sich, bereits jetzt die eigenen ICAAP-Prozesse zu überprüfen und zu überlegen, welche geopolitischen Szenarien für das eigene Geschäftsmodell besonders relevant sein könnten. Die Identifikation von Schwellenwerten (wie die genannten 300 Basispunkte CET1-Reduktion) kann auch für kleinere Banken ein nützlicher Orientierungspunkt für die Weiterentwicklung des Risikomanagements sein.
Quelle / Eckdaten
👉 Link zum Dokument | |
📅 Veröffentlichung | 12. Dezember 2025 |
Art des Dokuments | Pressemitteilung |
Herausgeber | Europäische Zentralbank (EZB) |
⚖️ Rechtsgrundlage | Artikel 100 der Eigenkapitalrichtlinie (CRD) |
Adressaten | 110 direkt beaufsichtigte Banken (Significant Institutions) |
✅ Status | Ankündigung, Durchführung geplant |
📅 Datum Erstanwendung | 2026 (im Rahmen des ICAAP 2026) |



