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EU-Kapitalmarktunion: Parlament fordert rasche Umsetzung der Draghi-Empfehlungen

Das Europäische Parlament hat am 10. September 2025 eine wegweisende Resolution verabschiedet, die auf der Draghi-Studie "The future of European competitiveness" basiert und konkrete Schritte zur Vollendung der Kapitalmarktunion fordert.

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Kernaussagen der Draghi-Studie: Europa im Wettbewerbsrückstand

Die von Mario Draghi vorgelegte Analyse zur europäischen Wettbewerbsfähigkeit zeichnet ein ernüchterndes Bild der EU-Wirtschaft. Europa hinkt in der Produktivitätsentwicklung deutlich hinterher und benötigt dringend massive Investitionen, um international konkurrenzfähig zu bleiben.

Zentrale Erkenntnisse:

  • Jährlicher Investitionsbedarf von 750-800 Milliarden EUR (4,4 - 4,7% des EU-BIP)

  • In 50 Jahren wurde keine EU-Firma mit über 100 Mrd. EUR Marktkapitalisierung geschaffen

  • USA schufen im selben Zeitraum sechs Unternehmen mit über 1.000 Mrd. USD Bewertung

  • EU-Haushalte sparten 2022 bereits 1.390 Mrd. EUR (USA: 840 Mrd. EUR)

Die Studie macht deutlich: Europa verfügt über ausreichend Kapital, kann es jedoch nicht effizient in produktive Investitionen lenken.

Strukturelle Schwächen der europäischen Kapitalmärkte

Das Parlament identifiziert mehrere kritische Baustellen, die kleine und mittlere Banken unmittelbar betreffen:

Fragmentierung behindert Wachstum

Die europäischen Kapitalmärkte bleiben trotz jahrzentelanger Bemühungen stark fragmentiert. Unterschiedliche nationale Regelungen bei Insolvenzverfahren, Besteuerung und Börsenzulassungen erschweren grenzüberschreitende Geschäfte erheblich.

  • Eingeschränkte Liquidität durch nationale Barrieren

  • Erschwerte Kapitalaufnahme für KMU und Start-ups

  • "Brain Drain" - Unternehmen wandern ins Ausland ab

Ungenutzte Sparpotenziale

Trotz hoher Sparquote fließt europäisches Kapital nicht optimal in langfristige, produktive Anlagen. Die geringe Finanzbildung der Bevölkerung führt zu übermäßiger Fokussierung auf niedrig verzinste Sparprodukte.

Lösungsansätze: Roadmap zur integrierten Kapitalmarktunion

Das Parlament skizziert einen ambitionierten Reformplan, der auch für Bankinstitute relevant ist:

Regulatorische Harmonisierung beschleunigen

Die Vereinheitlichung von Steuerrahmen und Insolvenzverfahren soll Compliance-Kosten reduzieren und grenzüberschreitende Geschäfte erleichtern. Gleichzeitig werden Börsenzulassungsverfahren gestrafft.

Stärkung der Aufsichtsarchitektur

  • ESMA erhält erweiterte Direktaufsichtsbefugnisse für grenzüberschreitende Märkte

  • EIOPA wird in ihrer Rolle als Pensionsfondsaufsicht gestärkt

  • Verbesserte Kooperation zwischen nationalen Aufsichtsbehörden

KMU-Finanzierung vereinfachen

Wachstumsmärkte werden attraktiver gestaltet, unverhältnismäßige Berichtspflichten abgebaut und innovative Finanzierungsinstrumente für kleinere Unternehmen entwickelt.

  • Reduzierte Informationspflichten für KMU

  • Erleichterte Kapitalanfnahme für Start-ups

  • Spezielle Förderprogramme für innovative Kleinbetriebe

Mobilisierung privater Ersparnisse durch neue Instrumente

Europäische Sparprodukte etablieren

langfristige individuelle Sparpläne und paneuropäische Pensionsfonds (PEPP) sollen Bürgern attraktive Anlagealternativen bieten. Europäische Gütesiegel ("Finance Europe", "Made in Europe") werden das Vertrauen in diese Produkte stärken.

Nachhaltige Finanzierung vorantreiben

ESG-Kriterien werden vollständig in die EU-Finanzregulierung integriert. Gleichzeitig werden Maßnahmen gegen Greenwashing verschärft und Standards für nachhaltige Finanzprodukte erhöht.

Öffentlich-private Partnerschaften als Katalysator

EU-Fonds sollen als Hebel für private Investitionen fungieren. Durch Bürgschaften, innovative Risikoteilungsinstrumente und Public-Private-Partnerships wird die Effizienz öffentlicher Ausgaben maximiert.

Forschung und Entwicklung priorisieren

Mindestens 3% des EU-BIP sollen in Forschung und Entwicklung fließen, um Innovationskraft und Digitalisierung zu fördern.

Verbraucherschutz und Rechtssicherheit

Erhöhte Transparenz bei Produktkosten, verschärfte SFDR-Standards und wirksame Anti-Greenwashing-Maßnahmen schützen Kleinanleger. Rechtsstaatlichkeit und Regulierungsstabilität schaffen das notwendige Vertrauen für langfristige Inveistitionen

💡 Hinweis für kleine Banken:

Bereiten Sie sich auf die kommenden regulatorischen Änderungen vor, indem Sie Ihre Compliance-Strukturen für grenzüberschreitende Geschäfte überprüfen. Nutzen Sie die geplanten Vereinfachungen bei KMU-Finanzierungen als Geschäftschance und entwickeln Sie bereits jetzt Kompetenzen im Bereich nachhaltiger Finanzprodukte. Die Stärkung der ESMA könnte auch direkte Auswirkungen auf Ihre Aufsichtsanforderungen haben - halten Sie sich über die Entwicklungen auf dem Laufenden.

Quelle / Eckdaten

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Referenz

P10_TA(2025)0185

📅 Veröffentlichung

10. September 2025

Art des Dokuments

Parlamentarische Entschließung

Herausgeber

Europäisches Parlament

⚖️ Rechtsgrundlage

Art. 225 AEUV (Parlamentsinitiative)

Adressaten

Europäische Kommission, Mitgliedstaaten

Status

Parlamentarische Entschließung (nicht bindend)

📅 Datum Erstanwendung

Keine direkte Anwendung (Empfehlungscharakter)


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