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EU-Kommission veröffentlicht 4. Omnibus-Paket

Mit dem am 21. Mai 2025 vorgestellten 4. Omnibus-Paket verfolgt die EU-Kommission das Ziel, bürokratische Hürden für Unternehmen abzubauen und gleichzeitig gezielt Entlastungen für eine neue Unternehemsklasse - die sogenannten Small Mid-caps (SMCs) - einzuführen. Neben Anpassungen im Kapitalmarktrecht umfasst das Paket auch Erleichterungen im Bereich ESG, Datenschutz und Produktspezifikationen.

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Einführung der Kategorie "Small Mid-caps"

Ein zentrales Element des Pakets ist der Vorschlag zur Einführung der neuen Unternehmenskategorie Small Mid-caps (SMCs). Diese umfasst Unternehmen, die zwar keine kleinen oder mittleren Unternehmen (KMU) im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG sind, aber dennoch unterhalb bestimmter Schwellenwerte liegen. Konkret gelten als SMCs solche Unternehmen, die weniger als 750 Mitarbeitende beschäftigen und entweder weniger als 150 Millionen Euro Umsatz oder eine Bilanzsumme von unter 129 Millionen Euro aufweisen.

Diese neue Kategorie soll insbesondere im Kapitalmarktrecht berücksichtigt werden. Die Definition ist künftig als neue Nummer 13a in Artikel 4 Absatz 1 MiFID II vorgesehen.

Geplante Erleichterungen für SMCs

Die Kommission schlägt zielgerichtete Änderungen an mehreren EU-Vorschriften vor, um Small Mid-caps regulatorisch zu entlasten. Zu den zentralen Maßnahmen gehören:

  • Prospektverordnung (EU) 2017/1129:

    Vereinfachte Prospektanforderungen zur Förderungen des Kapitalmarktzugangs

  • MiFID II:

    Reduzierte Berichtspflichten für bestimmte Emittenten

  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO):

    Anpassung von Informationspflichten gegenüber betroffenen Personen

Ziel ist es, regulatorische Komplexität für kapitalmarktorientierte Mittelständler abzubauen, ohne das Schutzniveau für Verbraucher oder den Wettbewerb zu beeinträchtigen.

Weitere Inhalte des Pakets

Das 4. Omnibus-Paket geht über die Erleichterungen für SMCs hinaus. Weitere Vorschläge sollen den regulatorischen Rahmen modernisieren und die Kompatibilität mit digitalen Geschäftsmodellen stärken.

Diese Maßnahmen umfassen u.a.:

Digitalisierung von Produktinformationen

Die EU-Kommission strebt eine weitreichende Digitalisierung der Bereitstellung von Produktinformationen an. Ziel ist es, dass Produktinformationen künftig standardisiert digital verfügbar gemacht werden, z.B. über maschinenlesbare Formate oder zentrale Online-Schnittstellen. Dadurch sollen Unternehmen von physischen Kennzeichnungspflichten entlastet werden, etwa bei Beipackzetteln oder Etiketten. Gleichzeitig profitieren Verbraucher:innen von besser zugänglichen, aktuellen und sprachlich einheitlichen Informationen. Diese Maßnahme soll insbesondere kleine und mittlere Anbieter im Binnenmarkt entlasten, die bislang mit aufwendigen nationalen Vorschriften konfrontiert sind.

Vereinheitlichung technischer Produktspezifikationen

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Harmonisierung technischer Standards und Anforderungen, die bislang innerhalb der EU fragmentiert sind. Unterschiedliche nationale Anforderungen an Produkte führen dazu, dass Hersteller ihre Produktlinien für einzelne Mitgliedstaaten anpassen müssen – was mit hohen Kosten verbunden ist. Das 4. Omnibus-Paket schlägt daher eine Konsolidierung bestehender Normen vor. Dies soll u. a. durch sektorübergreifende Referenzierung von EU-Harmonisierungsrechtsakten und durch klarere Zuständigkeiten in der Standardsetzung erreicht werden. Ziel ist ein einheitlicher Rechtsrahmen für technische Spezifikationen, der Rechtssicherheit für Hersteller schafft und den Marktzugang vereinfacht.

Harmonisierung und Vereinfachung einzelner DSGVO-Vorgaben

Im Bereich Datenschutz will die EU-Kommission mit gezielten Maßnahmen die Bürokratielast reduzieren, ohne den Schutz personenbezogener Daten zu unterminieren. Im Fokus stehen insbesondere Informationspflichten, etwa gegenüber betroffenen Personen bei der Datenerhebung. Diese sollen künftig vereinheitlicht, gebündelt und gegebenenfalls in digitaler Standardform bereitgestellt werden können. Zudem sollen Schwellenwerte und Kriterien für bestimmte Pflichten (z.B. zur Datenschutz-Folgenabschätzung oder zum Führen eines Verzeichnisses von Verarbeitungstätigkeiten) klarer gefasst werden. Das Ziel ist es, insbesondere kleinere Unternehmen zu entlasten, ohne grundlegende DSGVO-Ziele aufzuweisen.

Auswirkungen auf Banken und Finanzinstitute

Auch wenn sich das 4. Omnibus-Paket in erster Linie auf industrie- und kapitalmarktorientierte Unternehmen konzentriert, ergeben sich für Banken und Finanzinstitute mehrere relevante Implikationen - insbesondere über die geplanten Änderungen an der MiFID II-Richtlinie sowie durch die Einführung der neuen Unternehmenskategorie Small Mid-caps (SMCs).

Durch die Aufnahme der Definition von SMCs in Artikel 4 Abs. 1 MiFID II wird eine neue regulatorische Differenzierung im Kunden- und Emittentenumfeld geschaffen. Banken müssen künftig in der Beratung, im Vertrieb von Finanzinstrumenten sowie im Rahmen ihrer Berichtspflichten beachten, ob es sich bei einem Kunden oder Emittenten um ein SMC handelt. Daraus können sich Anpassungen im Produktangebot, bei Offenlegungspflichten oder im Reporting ergeben - insbesondere bei Wertpapierfirmen und depotführenden Kreditinstituten.

Darüber hinaus betreffen die Erleichterungen bei der Prospektpflicht und im Bereich ESG-Informationspflichten auch den Kapitalmarktzugang von Bankkunden, insbesondere für mittelgroße Emittenten. Banken, die als Arrangeure, Bookrunner oder Berater tätig sind, müssen ihre internen Prozesse und Checklisten ggf. überarbeiten, um den neuen Schwellenwerten und Meldeerleichterungen Rechnung zu tragen.

Schließlich sind Banken auch indirekt betroffen, etwa durch die vereinheitlichten Produktspezifikationen oder digitalisierten Informationspflichten, sofern sie z.B. strukturierte Finanzprodukte vertreiben oder produktbezogene Pflichtinformationen bereitstellen müssen. Auch im Kontext des Datenschutzes sollten Institute prüfen, ob sie von den geplanten Vereinfachungen bei DSGVO-Vorgaben (etwa im Informationsmanagement gegenüber betroffenen Personen) profitieren oder ihre Verfahren anpassen müssen.

Kontext und Ausblick

Das neue Maßnahmenpaket ist Teil der fortlaufenden Strategie zum Bürokratieabbau der EU. Bereits in den ersten drei Omnibus-Paketen wurden in verschiedenen Politikfeldern vereinfachte Anforderungen eingeführt. Die Kommission plant, diese Linie konsequent weiterzuverfolgen.

Eine konsolidierte Übersicht über alle Pakete findet sich auf der Website der Kommission. Es ist zu erwarten, dass auch das vierte Paket im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren mit Anpassungen diskutiert wird.

Quelle & Eckdaten

👉 Link zum Dokument

📆 Veröffentlichung

21. Mai 2025

Herausgeber

Europäische Kommission

Status

Legislativvorschlag - Veröffentlichung durch die EU-Kommission, weitere Verhandlungen im Gesetzgebungsverfahren folgen

⚖️ Rechtsgrundlagen

Änderungen u.a. an MiFID II, ProspektVO, DSGVO

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