Neue EBA-Standards für operationelle Risikoverluste: Harmonisierte Taxonomie und vereinfachte Berechnungen
- Erika Leitgeb
- 6. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Aug.
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat am 4. August 2025 drei finale Entwürfe von technischen Regulierungsstandards (RTS) zu operationellen Risikoverlusten im CRR-Regime veröffentlicht. Diese Standards stellen einen wichtigen Meilenstein bei der Umsetzung des EU-Bankenpakets dar und schaffen erstmals eine harmonisierte Grundlage für die Klassifizierung und Berechnung operationeller Risiken.

Harmonisierte Taxonomie für operationelle Risiken
Die neuen RTS etablieren eine Risikotaxonomie für operationelle Risiken, die mit internationalen Standards konform ist, sowie eine Methodik zur Klassifizeirung von Verlusten nach Artikel 317(9) der CRR. Diese Taxonomie basiert auf sieben Level-1-Ereignistypen, die vollständig den Basel-Standards entsprechen, und 26 Level-2-Kategorien für eine detaillierte Klassifizierung.
Struktur der neuen Taxonomie
Die Taxonomie gliedert sich in drei Ebenen:
Level 1 Ereignistypen: Sieben Hauptkategorien entsprechend den internationalen Basel-Standards
Interner Betrug
Externer Betrug
Beschäftigungspraxis und Arbeitsplatzsicherheit
Kunden, Produkte und Geschäftspraktiken
Schäden an physischen Vermögenswerten
Geschäftsunterbrechung und Systemausfälle
Ausführung, Lieferung und Prozessmanagement
Level 2 Kategorien: 26 spezifische Unterkategorien für detailliertere Klassifizierung
Attribute: Zusätzliche Kennzeichnungen wie ESG-Risiken, Greenwashing, IKT-Risiken und Rechtsrisiken
Praktische Anwendung für österreichische Institute
Für kleine und nicht-komplexe Institute bringt die neue Taxonomie mehrere Vorteile:
Vereinheitlichung der Risikoerfassung und -berichterstattung
Bessere Vergleichbarkeit mit anderen europäischen Instituten
Klare Zuordnungsregeln reduzieren Interpretationsspielräume
Schrittweise Einführung ermöglicht angemessene Vorbereitung
Erleichterung bei der Verlustberechnung
"Unzumutbar belastend" - Ausnahmeregelungen
Die RTS spezifizieren die Bedingungen, unter denen die Berechnung der jährlichen operationellen Risikoverluste als "unzumutbar belastend" nach Artikel 316(3) der CRR gelten kann.
Fusionen und Übernahmen:
Bis zu drei Jahre Aussetzung bei Geschäftsindikator zwischen 750 Mio. EUR und 1 Mrd. EUR nach M&A
Verkürzt auf zwei Jahre, wenn mindestens ein beteiligtes Institut bereits Verlustberechnungen durchführte
Keine Aussetzung, wenn alle beteiligten Institute bereits berechneten
Temporäre Überschreitungen:
Aussetzung bei temporärer Überschreitung der 750-Mio.-EUR-Schwelle
Maximal vier aufeinanderfolgende Meldetermine oder acht nicht-aufeinanderfolgende Termine in 20 Perioden
Bridge-Institute:
Vollständige Befreiung von der Berechnungspflicht für Bridge-Institute nach Artikel 40 BRRD
Anpassungen bei Fusionen und Übernahmen
Datenharmonisierung und Währungsanpassung
Die RTS spezifizieren, wie Institute Anpassungen an ihren Verlustdatensätzen nach der Aufnahme von Verlusten aus fusionierten oder erworbenen Einheiten oder Aktivitäten nach Artikel 321(2) der CRR vornehmen müssen.
Währungsanpassung:
Verwendung des Wechselkurses aus dem jeweiligen Jahresabschluss für jeden 10-Jahres-Zeitraum
Umrechnung in die Währung des berichtenden Instituts
Proxy-Formel für unvollständige Daten:
Alternative Berechnungsmethode bei fehlenden historischen Daten
Bis zu 10 Jahre rückwirkende Anwendung möglich
Schrittweise Ablösung durch vollständige Datensätze
ESG-Risiken und moderne Herausforderungen
Die neue Taxonomie berücksichtigt zeitgemäße Risikofaktoren:
ESG-Attribute: Kennzeichnung für Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken
Greenwashing-Risiko: Separate Kategorie für Verluste durch irreführende Nachhaltigkeitsangaben
IKT-Risiken: Aufgeteilt in cyber-bezogene und andere IKT-Risiken, in Übereinstimmung mit DORA
Implementierungsfristen und Übergangsregelungen
Rückwirkende Anwendung
Level 1 Ereignistypen: 10 Jahre rückwirkend verpflichtend
Level 2 Kategorien: 1 Jahr rückwirkend auf freiwilliger Basis
Attribute: 1 Jahr rückwirkend auf freiwilliger Basis
Schrittweise Einführung ermöglicht:
Angemessene Vorbereitungszeit für Systemanpassungen
Freiwillige Basis für detailliertere Klassifizierungen zunächst
Unterstützung durch Mapping-Tabellen zu bestehenden Basel-Standards
💡Praktische Hinweise:
Kleine und nicht-komplexe Institute sollten frühzeitig prüfen, ob sie von den Schwellenwerten der operationellen Risikoverlustberechnung betroffen sind (Geschäftsindikator ≥ 750 Mio. EUR). Bei anstehenden M&A-Transaktionen empfiehlt sich eine Analyse der verfügbaren Verlustdaten der Zielgesellschaft, um rechtzeitig Ausnahmeregelungen beantragen zu können. Die neuen ESG- und IKT-Attribute sollten bereits jetzt in die Risikomanagementsysteme integriert werden, um für zukünftige Anforderungen gewappnet zu sein.
Quelle / Eckdaten
👉 Link zum Dokument | |
📅 Veröffentlichung | 4. August 2025 |
Art des Dokuments | Finaler Entwurf |
Herausgeber | Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) |
⚖️ Rechtsgrundlage | Artikel 316(3), 317(9) und 321(2) der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (CRR) |
Adressaten | Institute mit Geschäftsindikator ≥ 750 Mio. EUR |
✅ Status | Finaler Entwurf, eingereicht an Europäische Kommission |
📅 Datum Erstanwendung | 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt der EU |



