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Neue EBA-Standards für operationelle Risikoverluste: Harmonisierte Taxonomie und vereinfachte Berechnungen

Aktualisiert: 7. Aug.

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat am 4. August 2025 drei finale Entwürfe von technischen Regulierungsstandards (RTS) zu operationellen Risikoverlusten im CRR-Regime veröffentlicht. Diese Standards stellen einen wichtigen Meilenstein bei der Umsetzung des EU-Bankenpakets dar und schaffen erstmals eine harmonisierte Grundlage für die Klassifizierung und Berechnung operationeller Risiken.

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Harmonisierte Taxonomie für operationelle Risiken

Die neuen RTS etablieren eine Risikotaxonomie für operationelle Risiken, die mit internationalen Standards konform ist, sowie eine Methodik zur Klassifizeirung von Verlusten nach Artikel 317(9) der CRR. Diese Taxonomie basiert auf sieben Level-1-Ereignistypen, die vollständig den Basel-Standards entsprechen, und 26 Level-2-Kategorien für eine detaillierte Klassifizierung.

Struktur der neuen Taxonomie

Die Taxonomie gliedert sich in drei Ebenen:

Level 1 Ereignistypen: Sieben Hauptkategorien entsprechend den internationalen Basel-Standards

  • Interner Betrug

  • Externer Betrug

  • Beschäftigungspraxis und Arbeitsplatzsicherheit

  • Kunden, Produkte und Geschäftspraktiken

  • Schäden an physischen Vermögenswerten

  • Geschäftsunterbrechung und Systemausfälle

  • Ausführung, Lieferung und Prozessmanagement

Level 2 Kategorien: 26 spezifische Unterkategorien für detailliertere Klassifizierung

Attribute: Zusätzliche Kennzeichnungen wie ESG-Risiken, Greenwashing, IKT-Risiken und Rechtsrisiken

Praktische Anwendung für österreichische Institute

Für kleine und nicht-komplexe Institute bringt die neue Taxonomie mehrere Vorteile:

  • Vereinheitlichung der Risikoerfassung und -berichterstattung

  • Bessere Vergleichbarkeit mit anderen europäischen Instituten

  • Klare Zuordnungsregeln reduzieren Interpretationsspielräume

  • Schrittweise Einführung ermöglicht angemessene Vorbereitung

Erleichterung bei der Verlustberechnung

"Unzumutbar belastend" - Ausnahmeregelungen

Die RTS spezifizieren die Bedingungen, unter denen die Berechnung der jährlichen operationellen Risikoverluste als "unzumutbar belastend" nach Artikel 316(3) der CRR gelten kann.

Fusionen und Übernahmen:

  • Bis zu drei Jahre Aussetzung bei Geschäftsindikator zwischen 750 Mio. EUR und 1 Mrd. EUR nach M&A

  • Verkürzt auf zwei Jahre, wenn mindestens ein beteiligtes Institut bereits Verlustberechnungen durchführte

  • Keine Aussetzung, wenn alle beteiligten Institute bereits berechneten

Temporäre Überschreitungen:

  • Aussetzung bei temporärer Überschreitung der 750-Mio.-EUR-Schwelle

  • Maximal vier aufeinanderfolgende Meldetermine oder acht nicht-aufeinanderfolgende Termine in 20 Perioden

Bridge-Institute:

  • Vollständige Befreiung von der Berechnungspflicht für Bridge-Institute nach Artikel 40 BRRD

Anpassungen bei Fusionen und Übernahmen

Datenharmonisierung und Währungsanpassung

Die RTS spezifizieren, wie Institute Anpassungen an ihren Verlustdatensätzen nach der Aufnahme von Verlusten aus fusionierten oder erworbenen Einheiten oder Aktivitäten nach Artikel 321(2) der CRR vornehmen müssen.

Währungsanpassung:

  • Verwendung des Wechselkurses aus dem jeweiligen Jahresabschluss für jeden 10-Jahres-Zeitraum

  • Umrechnung in die Währung des berichtenden Instituts

Proxy-Formel für unvollständige Daten:

  • Alternative Berechnungsmethode bei fehlenden historischen Daten

  • Bis zu 10 Jahre rückwirkende Anwendung möglich

  • Schrittweise Ablösung durch vollständige Datensätze

ESG-Risiken und moderne Herausforderungen

Die neue Taxonomie berücksichtigt zeitgemäße Risikofaktoren:

ESG-Attribute: Kennzeichnung für Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken

Greenwashing-Risiko: Separate Kategorie für Verluste durch irreführende Nachhaltigkeitsangaben

IKT-Risiken: Aufgeteilt in cyber-bezogene und andere IKT-Risiken, in Übereinstimmung mit DORA

Implementierungsfristen und Übergangsregelungen

Rückwirkende Anwendung

  • Level 1 Ereignistypen: 10 Jahre rückwirkend verpflichtend

  • Level 2 Kategorien: 1 Jahr rückwirkend auf freiwilliger Basis

  • Attribute: 1 Jahr rückwirkend auf freiwilliger Basis

Schrittweise Einführung ermöglicht:

  • Angemessene Vorbereitungszeit für Systemanpassungen

  • Freiwillige Basis für detailliertere Klassifizierungen zunächst

  • Unterstützung durch Mapping-Tabellen zu bestehenden Basel-Standards

💡Praktische Hinweise:

Kleine und nicht-komplexe Institute sollten frühzeitig prüfen, ob sie von den Schwellenwerten der operationellen Risikoverlustberechnung betroffen sind (Geschäftsindikator 750 Mio. EUR). Bei anstehenden M&A-Transaktionen empfiehlt sich eine Analyse der verfügbaren Verlustdaten der Zielgesellschaft, um rechtzeitig Ausnahmeregelungen beantragen zu können. Die neuen ESG- und IKT-Attribute sollten bereits jetzt in die Risikomanagementsysteme integriert werden, um für zukünftige Anforderungen gewappnet zu sein.

Quelle / Eckdaten

👉 Link zum Dokument

📅 Veröffentlichung

4. August 2025

Art des Dokuments

Finaler Entwurf

Herausgeber

Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA)

⚖️ Rechtsgrundlage

Artikel 316(3), 317(9) und 321(2) der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (CRR)

Adressaten

Institute mit Geschäftsindikator 750 Mio. EUR

Status

Finaler Entwurf, eingereicht an Europäische Kommission

📅 Datum Erstanwendung

20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt der EU


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